Das „Schweinchen“ hat sich im vergangenen Jahr ein neues Outfit zugelegt. Eingang und Empfang wurden neu gestaltet, das Äußere bekam einen neuen hellen Anstrich. Auch das Gourmetlokal wurde neu ausgestattet. Dunkle Farbtöne herrschen vor, Farbakzente werden durch großflächige Bilder in Orange gesetzt. Der wunderbare Blick über Kassel ist weiterhin vorhanden. Das ganze Haus hat durch diesen Kraftaufwand eindeutig gewonnen.
Mein letzter Testbericht stammt vom 31.12.07 und es war daher an der Zeit sich zu informieren, ob die Veränderungen sich auch in der Küche bemerkbar machen. Jürgen Richter ist nach meiner Einschätzung auf dem richtigen Weg, er hat allerdings das Problem, dass er auch für die anderen Restaurants des Hauses verantwortlich zeigt und das Gourmetrestaurant nicht immer ausgelastet ist. Dieser Spagat und die Ansprüche die Inhaber Thomas Nähler formuliert, er möchte einen Michelin Stern über seinem Hause stehen sehen, machen es nicht einfacher für ihn.
Dies war auch bei unserem Besuch am 27.02.09 deutlich merkbar.
Nach einer telefonischen Reservierung wurden wir von einer jungen Dame freundlich begrüßt und zum Tisch begleitet. Wir waren die einzigen Gäste und es sollten an diesem Abend auch nur noch ein Tisch mit zwei Personen besetzt werden.
Auch Herr Nähler begrüßte uns freundlich und wir führten ein interessantes Gespräch über die Gastronomie in Kassel. Als Aperitif wurde ein Champagner ausgesucht. Das Glas 0.01 für 9,50 €.
Dreierlei Brot und Salzbutter stand schnell auf dem Tisch.
Tatar vom Flusskrebs, Flusskrebs im krossen Strudelteig, ein Stückchen Roastbeef sowie eine kalte Zucchinisuppe wurde als Amuse Bouche serviert.

Aus der Karte wählten wir ein à la carte Menü aus. Dieses kann mit sieben Gängen für 99 €, mit fünf Gängen für 79 € oder mit drei Gängen für 54 € bestellt werden Außerdem wird ein Degustations-Menü mit vier Gängen und den entsprechenden Weinen für 79 € angeboten.
Wir entschieden uns für die fünf Gänge die wie folgt serviert wurden.
Allerlei vom Kaninchen mit Kakao und Trockenfeigen
Auf einer Schiefertafel lagen Leber, Niere und Rücken des Tieres, dazu mit einem breiten Pinselstrich die Schokolade sowie die Feigen als Tatar.
Hier geht Richter einen neuen Weg den er aber mit etwas gewagteren Gewürzen, besonders bei der Schokolade, (evtl. etwas Chili) stärker einschlagen soll.
Leber und Niere auf den Punkt gebraten.

Wachtel mit bunten Kartoffelrondell und violettem Kartoffelsorbet
Wunderbar saftige Wachtelbrust mit intensiver Sauce. Das Sorbet war allerdings kein klassisches Sorbet sondern lediglich ein eiskalter violetter Kartoffelbrei.

Atlantik – Steinbutt mit Essigkirchen, Röstbrot und Lardo
Ein saftiges Stück Fisch, die Essigkirsche glänzte mit Abwesenheit, lediglich etwas roter Saft war zu sehen. Krosses Brot, beim Lardo schieden sich die Geister. Der Lardo war mir durch das Grillen zu salzig geworden, meiner Frau allerdings gefiel diese Zusammenstellung

Kalbscarrèe und –bäckchen mit Banjulreduktion und Steckrüben.
Die Bäckchen saftig geschmort, das Carrèe gerade noch rosa gebraten, die Steckrüben als kleine Quadrate geschnitten, hätten ruhig etwas mehr sein dürfen.

Käse vom Oberellenbacher Kirchhof
Fünf verschiedene Sorten vom Biohof aus Oberellenbach. Gut gereift und eine Alternative zu den sonst üblich servierten Käsesorten.

Zwergorangen mit braunem Zucker
Wie eigentlich bei allen Besuchen im „Schweinchen“, der süße Abschluss ist fast immer der schwächste Gang. Hier sollte und muss sich Richter etwas einfallen lassen.

Als Weiswein hatten wir einen 0,37 l Sancerre aus dem Burgund gewählt, als Rotwein einen ebenfalls 0,37 l Rocca Rubia. Beide Weine, mit richtiger Temperatur serviert, passten sehr gut zu den einzelnen Gängen. Zum Abschluss Espresso und kleine Süßigkeiten sowie einen guten Marillenschnaps,
Fazit: Ein gelungener Abend mit kleinen Schwächen, die aber bei der Gesamtbeurteilung nicht ins Gewicht fallen.