Rückblick

Zum Tod von Lothar Eiermann

Der zweite Stern

Wir waren nach dem Besuch in Hardenberg auf den Geschmack kommen. Zeitschriften und Bücher wurden gewälzt und am Herd fleißig experimentiert. Der Restaurantführer Guide Michelin wurde gekauft. 1979 waren wir noch dreimal in Hardenberg.

Ich selbst war bei einem beruflich bedingten Aufenthalt in Bremen im Bistro Grashoff. Erinnern kann ich mich an den Schellfisch in Senfsauce. Hier habe ich eine wunderbar schmeckende Apfel-Calvados Konfitüre gekauft. Irgendwann fand ich die Konfitüre auch in einem Delikatessengeschäft in Kassel. Jede müde Mark, die übrig blieb, wurde in das neue Hobby gesteckt. Andere Anschaffungen blieben zurück.

Nach dem ersten Stern folgt der zweite, logisch, oder? 1980 war es so weit. Irmtraud hatte einen Termin in Stuttgart. Welche Sterne liegen auf der Strecke? Im Michelin wurde ich fündig. Auf der Strecke lag Wertheim mit den Schweizer Stuben oder  Zweiflingen  mit dem Wald- und Schlosshotel. Friedrichsruhe. Die Entscheidung fiel dann auf Friedrichsruhe. Die Schweizer Stuben folgten dann 1984.

Ich fuhr 1980 einen Citroën, eigentlich ein verlässliches Auto, aber ausgerechnet bei der Abfahrt nach Stuttgart streikte der Motor. Also wurde alles in den kleinen Polo von Irmtraud umgeladen. Wegen dieses Polos ist uns die Fahrt noch in guter Erinnerung.  Auf der A7 bzw. A81 ging die Fahrt in Richtung Zweiflingen-Friedrichsruhe. Dann der große Augenblick. Wir fuhren auf den Hoteleigenen Parkplatz Schlosshotels Friedrichsruhe.

Fast alles war belegt. Nur ein freier Parkplatz war zu sehen und dieser ausgerechnet zwischen einem Ferrari und einem Porsche. Mit dem kleinen Polo also in die Parklücke und aussteigen. Kaum waren wir draußen, kam bereits der Hotelpage mit dem Kofferwagen, bat um den Autoschlüssel, lud die zwei Koffer auf den Wagen und bat uns zur Rezeption zu gehen. Er fuhr mit dem Wagen in Richtung Jagdschloss. Wir erhielten die Schlüssel und wurden von einer jungen Dame in Richtung Schloss begleitet. Das Zimmer ca. 30 m² groß und nobel eingerichtet. Kaum war die Dame aus dem Zimmer, wurden die Schuhe ausgezogen und wir warfen uns aufs Bett. Ausruhen war angesagt. Anschließend ging es unter die Dusche.

Gegen 19.00 Uhr besuchten wir dann das Restaurant. Das Zimmer hatten wir chaotisch verlassen. Als wir später zurückkamen, war das Zimmer wieder aufgeräumt, die Betten wieder hergerichtet, das Bad sauber gemacht und neue Handtücher hingelegt.

Lothar Eiermann war seit 1973 Küchenchef und Direktor des Schlosshotels Friedrichsruhe.

1974 wurde das Haus mit dem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet, 1979 folgte der zweite Stern. Küchenchef war, wenn ich mich nicht irre, Werner Fuchß.

Schon der Blick auf die Speisekarte ließ unsere Herzen höherschlagen. Spargel war klar, was ist aber eine Essenz oder was ein Soufflé. Auch ein Bries völlig unbekannt, ganz zu schweigen, was ist ein Perlhuhn.

Mit Hilfe des sehr hilfreichen Oberkellners schafften wir mit Bravour den Abend. Getrunken wurde ein  Verrenberger Verrenberg sowie ein Rotweincuvée, Weine vom Weingut Fürst Hohenlohe Oehringen.

Der Fürst war damals Besitzer des Schlosshotels, heute gehört es zur Würth-Gruppe.

Reisen, Küchen und Genießen

Endlich, meine kulinarischen Erinnerungen sind fertiggestellt und zum drucken weitergeleitet. Auf 200 Seiten, davon 66 farbig, sind z. B. Fahrten in die Normandie, besuche in Sternehäusern, meine Kochkurse auf Sylt etc. oder die Urlaube auf Gran Canaria festgehalten. Das Buch in DIN 5 kostet 15,00 € ohne Versand und kann bei mir direkt bestellt werden.

Rückblick Nr. 16. Teil3

Jörg Müller, Sylt 1995-2004

Es ging auf meine Lieblingsinsel. Jörg Müller bekannt aus den Schweizer Stuben in Wertheim und dem Nösse auf Sylt, hatte sich in Westerland ein neues Refugium geschaffen.

Das Angebot entsprach genau meinen damaligen Vorstellungen in der Küche weiter dazu zulernen.

Von 1995 bis 2004 habe ich 6 Lehrgänge besucht, diese dauerten immer 4 Tage. Die Termine fanden entweder im Februar oder im November statt. Monate also wo es etwas ruhiger auf Sylt ist. Themen waren u.a „Seminar für Fortgeschrittene“, „italienische Küche“ oder „Spezialitäten von Land und Meer. Übernachtet wurde immer im zum Restaurant gehörenden Hotel. Trotz allem Stress waren es angenehme 4 Tage.

Der Stress begann schon auf der Autobahn, schuld war ich aber selbst. Ich hatte einen BMW M3 mit 286 PS und ich wollte die PS natürlich auch ausfahren. Man fährt die Strecke nach Niebüll in ca. 5.15 Std. Ich habe ca. 4 Std gebraucht. Man kann also ausrechnen, welches Tempo ich gefahren bin und das Problem war, dass man immer 3-4 Autos voraus denken musste. In den Rückspiegel musste man nicht schauen. Fast immer hatte ich Glück, dass ich den angepeilten Sylt Shuttle  erreichte. In ca. 45 Min. war ich auf Sylt und 15 Min. später im Hotel in Westerland.

Der Kurs begann mit einem Abendmenü, zubereitet von Jörg Müller und seiner Mannschaft.

In Erinnerung geblieben ist mir der Gänselebergugelhupf. Diesen haben wir im Kurs dann auch erstellt. Natürlich auch der Hauscocktail, diesen bestelle ich noch heute, wenn ich bei Müller speise.

Nach einem ausgiebigen Frühstück begann gegen 10.00 Uhr der Kurs. Wir waren 10 Personen und jeder brachte sich mit seinen Fähigkeiten ein. Manche schauten nur zu und schrieben in ihre Hefte was Müller so von sich gab. Ich selbst arbeitete an allen Kurstagen fleißig mit. Besonders der Bereich des Poissonnier (Fischkoch)und des Gardemanger (Koch der kalten Küche) habe ich im ersten Kurs 1995 belegt. In den anderen Jahren aber auch die anderen Posten in der Küche. Müller selbst war als Chef (de Cuisine) für die Fleischgerichte zuständig. Müller hat während der gesamten drei Tage  den Kurs geleitet, obwohl das Tagesgeschäft auch noch lief. Er erläuterte jeden Gang, gab Tipps wie man die einzelnen Gänge zubereitet. Alkohol war wären dieser Vorbereitungszeit tabu. 

Interessant wie er auch wirtschaftlich denkt. Er hat keinen Sponsor hinter sich und muss seine Investitionen auch wieder erwirtschaften. Anhand eines Lammgerichtes erläuterte er sein vorgehen. Er kauft auf der Insel ein ganzes  Lamm und verarbeitet alle Teile des Tieres. Zugutekommt ihm dabei, dass er nicht nur sein Gourmet Restaurant hat, sondern auch den „Pesel“ eine Art  Bistro. Der Rücken für das Gourmet Restaurant aber auch Schulter oder Keule die auch im Pesel angeboten werden. Alle Knochen werden sauber abgeschabt und zu Lamm Frikadellen bzw. zu den legendären Bratwürsten verarbeitet. Diese finden auch als Amuse-Bouche im Gourmet Verwendung. Die Knochen werden in einem langen Verfahren zu einer sämigen Sauce verarbeitet.

Gegen 14.00 Uhr wurden die einzelnen Gänge fertiggestellt und dann im „Wintergarten“ eingenommen. Zu jeden Gang gab es den entsprechenden Wein. Um 16.30 Uhr gab es dann das Dessert und um 17.00 Uhr war der Kursabschnitt beendet. Es war sehr anstrengend fast 8 Std. in der Küche zustehen, die Füße taten einem weh. Deshalb erst einmal unter die Dusche, etwas ausruhen und anschließend einen kleinen Spaziergang durch Westerland. Meistens lag ich gegen 22.00 Uhr im Bett.

Gerichte wir „Steinbutt und Hummer in zwei Saucen“, Matjestatar auf Vollkornbrot mit Salat, Forellenmousse, Kotelett von der Wachtel, Lammschulter mit Ratatouille oder Champagnersüppchen mit Sorbet und Beeren, um nur einige Gerichte zu nennen, wurden zubereitet. Diese und viele andere habe ich dann auch zu Hause sehr oft nach gekocht und serviert. Es waren interessante Jahre auf Sylt.  Nach 2004 hat Jörg Müller die Kurse nicht mehr angeboten.

Immer wenn ich auf Sylt bin, geht es natürlich in das reetgedeckte Restaurant in Westerland.

Rückblicke Nr. 16 Teil 2

Drei Stuben, Meersburg 1994

Beim „Jungen Wilden“ Stefan Marquard in den Drei Stuben fand bereits knapp ein Jahr später der nächste Kurs statt . Ebenfalls von „Feinschmecker-Seminare“ organisiert.

Er  war von1989 bis 1991 Küchenchef der Taverna la Vigna in den Schweizer Stuben in Wertheim-Bettingen, wo seine Küche zur „besten italienischen Küche“ in Deutschland gekürt wurde. 1991 eröffnete er sein eigenes Restaurant „Drei Stuben“ in Meersburg. Auch hier wohnten wir im zum Restaurant gehörten Hotel.

Bereits beim Begrüßungsmenü war schnell klar, warum diese Auszeichnung. Italienische Küche vom feinsten kam auf den Tisch. Besonders die getrüffelte Schwarzwurzel Cannelloni und die Kaninchenkeule konnten gefallen.

Die Bitte diese Gericht nach zu kochen kam er am nächsten Tag nach. Vom Ablauf ähnlich wie in Ammerschwihr aber völlig locker und nicht ganz so steif wie dort. So lief z.B. den ganzen Tag Hard Rock Musik in der Küche. Gleich am Anfang fiel ein Wort, das ich nie wieder vergessen habe. Als erstes sollten wir eine Rumfort Sauce erstellen. Wie blickten uns an, was ist das. Hier die Aufklärung: Nach dem Motto alles was rum liegt und fortmuss. Dabei ist selbstverständlich an keine alte und minderwertige Ware gedacht.

Auch hier wieder 3 Tage ein anspruchsvolles Programm und zum Schluss habe ich einiges im Bereich der italienische Küche gelernt.

Rückblicke Nr. 16 Teil 1

Kochkurse

Zeitschrift Essen und Trinken

In den 1980 er Jahren wurde die Zeitschrift Essen und Trinken unter der Überschrift, Treffpunkt Küche, Kochkurse in Straßburg an. Da ich meine bisherigen Kochkünste verbessern und verfeinern wollte, habe ich mich für einen Kochkurs im April 1987 angemeldet. Geleitet wurde dieser Kochkurs von Frau Margarete Schmuck, der Kurs fand statt in den Schulungsräumen von „Le Cercle Des Gourmets, Straßburg“ statt. Die Kosten lagen bei ca. 450 DM inkl. Getränke, aber ohne Hotelkosten. Übernachtet habe ich in einem kleinem Mittelklassehotel in der Nähe des Münsters.

Die Seminare fanden samstags und sonntags statt. Ich bin also bereits freitags nach Straßburg gefahren und habe im Restaurant „Au Crocodile“, damals 2 Sterne, zu Abend gegessen.

Thema des Kochkurses lautete:

„ Zwei festliche Menüs für viele Gäste.“

Als ich gegen 09.00 Uhr in die Schulungsräume kam, merkte ich schnell, dass viele „Wiederholungstäter“ dabei waren. Wir waren 10 Personen und konnten uns aussuchen in welchen Arbeitsbereichen wir kochen wollten. Es sollten immer zwei Personen eine Stelle besetzen. Ich entschied mich für den ersten Tag für den Bereich der Vorspeisen und am zweiten Tag für den Fischbereich. Kaum waren die Aufgaben verteilt, wurde von einem der „Täter“ der Weinkühlschrank aufgerissen und die erste Flasche Weißwein entkorkt. Es sollte nicht die Letzte sein. Dann ging es an die Arbeit. Die wichtigsten Schritte erläuterte Margarete Schmuck und den Rest musste man selbst erarbeiten. Ab 14.00 Uhr dann das zubereitete Gang für Gang, natürlich mit den entsprechenden Weinen, verzehrt. Um 18.00 Uhr war das Gelage beendet. Es ging zum Hotel und habe ein wenig geschlafen. Um 20.00 Uhr machte ich mich noch mal auf ins  „Buerehiesel“, dem anderen Zweisterne  Restaurant in  Straßburg. Das war aber dem guten zu viel.

Am Sonntag dann das zweite Menü. Vorbereitung und Essen wie am Samstag. Nur mit dem Wein habe ich mich zurückgehalten, bzw. ab 12.00 Uhr keinen Tropfen. Die Rückfahrt stand noch an.

Ja, ich habe einiges gelernt, habe aber keine weiteren Kurse belegt. Richtig los ging es dann Anfang der 1990 Jahre mit Kochkursen  bei den Feinschmecker-Seminaren „Exquisite Küche“.

Feinschmecker-Seminare Exquisite Küche

Aux Armes de France 1993

1993, also sechs Jahre später gönnte ich mir den nächsten Kochkurs. Diesmal aber gleich in die „Champions League“ der französischen Restaurants. Im Elsass, genauer gesagt in Ammerschwihr liegt das Restaurant „Aux Armes de France“. Philippe Gaertner hatte das Haus gerade von seinem Vater Pierre übernommen und führte die gehobene Küche weiter. Auch die Kochkurse wurden weitergeführt.

Es war 1966 als Georg Paucker die »Exquisite Küche« gründete. Es war das Ziel des von  Paucker, die französische Kochkunst und die damit verbundene Kultur des Essens und Trinkens auch in die deutsche Küche einzuführen. Unter den ersten „Schülern“ befand sich auch Wolfram Siebeck (1928-2016). In seinem Buch „Kochschule für Anspruchsvolle“ hat er seine „Lehrzeit im Elsass beschrieben.

Ein völlig anderer Kochkurs erwartete mich. Untergebracht waren wir im Hotel der Familie Gaertner, dadurch kurze Wege.  Am ersten Abend gab es ein 6 Gang Menü mit den entsprechenden Weinen, zubereitet von den Köchen des Hauses.

Am nächsten Morgen nah dem Frühstück begann der Kochkurs mit dem notwendigen Mise en Place für die nächsten drei Tage. Sülzen und Dessert wurden z.B. bereits für den dritten Tag erstellt. Jeder konnte sich einbringen und die Zeit verflog nur so. Gegen 14.00 Uhr wurden dann die zubereiteten Gänge nach und nach fertig gestellt und anschließend aßen wir am großen Tisch prüfend was wir gekocht hatten. Meistens war gegen 17.30 Uhr Schluss. Ich war so fertig, dass ich nach dem Duschen nur noch die Beine hochlegte und früh ins Bett ging. Ich habe in den drei Tagen viel gelernt. Vor allen Dingen, dass Kochen eine schwere Arbeit ist und die hohen Preise, die diese Häuser verlangen gerechtfertigt sind.

Rückblick 07

1978 Der erste Stern

Was heute so einfach aussieht, mal so einfach in ein Sternerestaurant zu gehen bzw. fahren, war 1978 fast ein kleines Abenteuer.

70 km von zu Hause bzw. nur zehn Kilometer von Göttingen entfernt, steht direkt am Fuße der historischen Felsenburg das Burg Hotel Hardenberg. Schon damals war das Haus Mitglied in dem Relais & Châteaux Vereinigung.

1978 war das Burg Hotel Hardenberg unsere erste Anlaufstation in Sachen Feinschmeckerei. Völlig ahnungslos in diesen Dingen, haben wir hier die ersten Schritte in Richtung Gourmet unternommen. Hausherr war damals Helmut Ammann.

Der Oberkellner zu  Ammanns Zeiten war Herr Cavazola – ein Italiener durch und durch. Ihm ging das Temperament sogar auf der Arbeit durch, wie er selbst von sich behauptet hat. Er half uns über die eine oder andere Schwierigkeit hinweg. (Hummer, Bestecke etc.) Schwierigkeiten, über die man heute nur noch schmunzeln kann. Nach dem Ammann nach Hannover ging, waren wir nur noch ein oder zweimal in Hardenberg.

Was wir an diesem 18. September 1978 gegessen haben, es war unser Hochzeitstag, kann ich nicht mehr genau erinnern. Ich gehe aber davon aus, dass wir uns für das nachstehende Menü entschieden haben.

Dazu die entsprechenden Getränke, vorab ein Glas Champagner und dann jeweils eine Flasche Weißwein bzw. Rotwein. Was zur damaligen Zeit sehr verständlich war, heute aber undenkbar, habe ich mich anschließen in unser Auto gesetzt und sind die 70 km nach Hause gefahren. Bei den nächsten Besuchen haben wir aber dann im Hotel übernachtet. Dieses fahren mit dem vielen Alkohol war mir einfach zu gefährlich.

Bis 1985, Ammann veränderte sich nach Hannover, haben wir das Haus sehr oft besucht. Die Silvesterfeiern waren  besonderer Höhepunkte. Besonders die Silvesterfeiern 1983 bzw. 84 bleiben uns in Erinnerung. Mit gefeiert haben in beiden Jahren Lorenzo und Rosi aus Altenritte.

Mit den entsprechenden Champagner im Blut konnte auch Irmtraud mit Lorenzo hervorragend Tango tanzen. Auch mit einigen guten Bekannten war ich in den Jahren in  Hardenberg. Viele haben dabei gelernt was gutes Essen und Trinken bedeutet kann.

Wir haben die Jahre im Burghotel sehr genossen und haben in Richtung Feinschmeckerrei sehr viel gelernt.

Desaster

Mein erster ernsthafter Kochversuch im Jahre 1973 war ein Desaster. Anders kann man es nicht sagen. Ausgerechnet das Essen zum Heiligen Abend hatte ich mir für das Experiment ausgesucht.  

Es sollte etwas Besonderes sein.

Hirschbraten mit Rotkraut und Salzkartoffeln stand auf dem Speiseplan.

Die erste Frage lautete, wo bekomme ich ein Wildbraten her. Kaufmöglichkeiten, die es  heute gibt, waren damals undenkbar. Wir hatten keine befreundeten Jäger, heute sieht das anders aus, die Wildbret verkauften. Auch in den örtlichen Lebensmittelläden konnte man so etwas nicht kaufen. Letze Möglichkeit war der Massa Markt in Kassel. Dieser großflächige Verbrauchermarkt hatte damals alles was das Herz begehrte. Vor allen war es dort preisgünstig. Natürlich gab es auch hier kein frisches Wild, sondern nur gefrostete das entweder aus Polen oder Bulgarien  kam. Also wurde ein Wildbraten aus Bulgarien gekauft und zu Hause wurde er  im Kühlschrank langsam aufgetaut. Bereits beim Auftauen bemerkte man einen unangenehmen Geruch.

Am Morgen des Heiligenabends wurden die anderen Zutaten hergerichtet und wir freuten uns auf ein schmackhaftes  Abendessen. Laut Beschreibung sollte der Braten ca. zweieinhalb bis drei Stunden bei 180° fertiggestellt werden. Da wir um 17:00 Uhr zum  Abendgottesdienst wollten, bereite ich den Braten um 16:00 Uhr vor. Er wurde angebraten, die kleingeschnittenen Gemüsewürfel dazu und mit einer Flasche Rotwein und Wasser abgelöscht. Auch hier wieder der unangenehme Duft. Da eine Bratzeit von ca. 3 Stunden angedacht war, konnten wir beruhigt in die Kirche gehen. Also machten wir uns um 16:45 Uhr auf in die Kirche, der Gottesdienst war dann gegen 18:00 Uhr beendet. Also schnell nach Hause und dann kam uns im Treppenhaus bereits ein sehr muffeliger Geruch in die Nase. Je weiter wir nach oben gingen, wurde es schlimmer, in der  Wohnung fast unangenehm. Der erste Gedanke war, der Braten wäre verbrannt. Die Herdtür auf und ich musste feststellen das noch genügend Flüssigkeit vorhanden war, aber der Gestank war nicht mehr auszuhalten. Es blieb uns nichts anderes übrig als den Braten einschließlich Gemüse und Brühe zu entsorgen. Was sollte es nun zum Heiligen Abend geben? Gott sei Dank hatten die Schwiegereltern, die auch im Haus wohnten, noch einiges im Kühlschrank. Wenn ich mich recht entsinne, gab es dann ein Salat, Salzkartoffeln und Scheiben von der „Ahlen Worscht“.

Natürlich stellten wir uns die Frage warum dieser unangenehme Geruch beim Wildbraten. Damals gab es noch kein Internet, wo man zum Beispiel bei Google diese Frage hätte eingeben können. Heute wissen wir, dass wahrscheinlich der Hirsch geschossen wurde, obwohl er in der Brunft stand. Das Brunftfleisch vom Hirsch hat einen extremen Geruch und Geschmack.

Es hat einige Jahre gedauert, bis bei uns wieder Wildfleisch auf den Tisch kam. Diesmal allerdings kam diesmal ein frischer Rehrücken auf den Tisch.

Der Rücken wird ausgelöst. Aus den Knochen und Wurzelgemüse sowie mit Rotwein und Gemüsebrühe wird ein Wildfond hergestellt. Dieser wird stark eingekocht und mit kalter Butter gebunden. Der Rücken in Portion Größe schneiden und scharf anbraten . Anschließend bei ungefähr 80° noch 20 Minuten nachziehen lassen. Das Fleisch hat dann eine wunderbare rosa Farbe. Dazu gibt es ein Selleriepüree und Kartoffelgratin.

Ein Essen welches in der Wildsaison häufig auf den Tisch kommt. Der Heiligabend ist ein solcher  Termin.

Besonders unsere Tochter Sabrina ist ein Fan dieses Gerichts.

Rückblick 02

Gänsebraten

Wenn es kälter wird, die Tage kürzer und die Nächte länger geht es auf Weihnachten zu. Weihnachten war und ist auch Gänsezeit. Solange ich mich zurück erinnern kann, gab es Heiligabend  Gänsebraten.  Als die Schwiegersöhne bzw. -töchter dazu kamen, wurde der Schmaus auf den ersten Festtag verlegt. Natürlich reichte eine Gans dann nicht mehr aus  und Mutter musste zwei Gänse in den Ofen schieben. Auch für die Enkel musste gekocht werden, unsere Mutter hatte also über Weihnachten viel zu tun.

1990 war dann leider Schluss. Unser Vater hatte im Herbst 1990 einen Schlaganfall erlitten und wir rechneten mit dem schlimmsten. Als Gerhard und ich ihn am Buß -und Bettag im Krankenhaus besuchten, war für uns klar, Weihnachten schafft er nicht mehr. Er kam nach Hause und wie ein Wunder erholte er sich noch einmal. Es war das letzte große Gänseessen in der Familie. Nach Weihnachten dann der rapide Verfall. Er verstarb am 15. Febr. 1991 gegen 13.00.

Nun aber zum Gänsebraten. Es war eine besondere Zubereitung und Zutaten.

Das Rezept hatte unser Vater mitgebracht. Seine Mutter Elisabeth (1895-1944) war Tochter eines Großlandwirtes in Hergershausen (heute ein Ortsteil von Alheim) mit viel Morgen Land und natürlich auch mit  der entsprechenden Viehhaltung. Zu Weihnachten gab es also auch frische Gänse. Was ist nun das Besondere an diesem Gericht?

Es ist Poree, und zwar viel Poree oder Spanschlauch wie man in Nordhessen sagt.

Das Rezept:

Ich kann mich nicht erinnern, dass es frische Gänse gab, erstens gab es auf dem Dorf keinen Gänsezüchter und wenn dann viel zu teuer. Also gab tiefgefrorene aus Polen oder Ungarn.

Die Gans auftauen lassen und dann mit kalten Wasser innen und außen säubern sowie abtrocknen. Den Bürzel abschneiden. Die Füllung war sehr wichtig, wurde damit doch die Essenmasse verlängert. Hackfleisch  mit eingeweichten Brötchen vermengen und würzen. Die Gans von innen mit Salz und Pfeffer würzen. Die Masse in die Gans füllen und mit Zwirn verschließen. Einen großen Gänsebräter, ja den gabs damals noch, mit ca. 1 Liter heißem Wasser füllen und die Gans mit der Brust nach unten in den Bräter legen. In den Ofen schieben. Heute ist es mit einem E-Herd einfach. Die Temperatur und die Uhr einstellen und man wird dann erinnert, wenn die Zeit abgelaufen ist. Am Anfang gab es im Hause Albrecht „nur“ einen Herd der mit Briketts, Kohle oder Holz befeuert wurde. Man musste sich also ein wenig auskennen, wenn die entsprechende Temperatur erreicht war und welche Zeit benötigt wurde. Aus Erfahrung wusste man, dass es ca. 60 Minuten dauerte, bis man die Gans umdrehen sollte.

In der Zwischenzeit wurde der Porree gesäubert und in Scheiben geschnitten. Nicht nur das weiße wurde genutzt, auch das grüne und dunkelgrüne. Es wurde halt nichts weggeworfen.

Im Bräter war nun eine Mischung aus Wasser und viel Gänsefett, besonders viel Gänsefett. Es wurde aber nichts weggeschüttet. In diese Wassermasse wurde der Porree geschüttet, es waren mind. 2- 3 kg Porree, auf diese Berg von Porree wurde nun die Gans gelegt, die Brust diesmal nach oben und ab in den Ofen. Man rechnete mit 1 Std. pro Kilo. Bei einer 4,5 kg Gans plus Füllung also ca. 5-5.5 Std.  Zum Schluss aus dem Bräter nehmen und im Ofen nachgaren, so dass eine krosse Haut entstand. Der Porree nochmals abgeschmeckt und mit Salzkartoffeln und der zerlegten Gans serviert.

Ich habe später versucht das Gansrezept nach zu kochen, aber ganz anders. Das Rezept folgt als letztes Kapitel dieser Aufzeichnungen.

Rückblick 01

Schlachtefest

“Wenn die Sau am Haken hängt, wird erst mal einer eingeschenkt“

Über Generationen war das Hausschlachten eine Tradition in ländlichen Gegenden. Das waren noch Zeiten, als die Monate November bis Februar noch richtige Wintermonate waren. Viel Schnee und klirrende Kälte bestimmten die Tagesabläufe. Es war aber auch die Zeit der Schlachtfeste, die gleichzeitig Höhepunkte bei vielen Familien waren, eine kulinarische Abwechselung für Nachbarn und Freunde. Auch im Hause Albrecht wurde diese Tradition bis zum Jahr 1964 aufrechterhalten. Die Hausschlachtung war einer der Hauptbestandteile der Ernährungskette im Haus Albrecht.

Wir schlachteten meistens zweimal im Jahr. Einmal im November und einmal im Februar. Warum im Herbst und Winter – ganz klar, denn Kühlschränke und Tiefkühlfächer gab es noch nicht. Das Fleisch und die Würste mussten ausreichen bis zur nächsten Schlachtung.  Wir hatten bis  Ende der 1950 Jahre zwei Schweine im Keller, die mit allen Essensresten, die bei einer 6köpfigen Familie anfielen, gefüttert wurden. Es wurde nichts weggeworfen. Mülltonnen wie heute, gab es nicht. Später wurden die Schweine bei einem Bauern im Dorf gekauft.

Der Schlachttag war für die Familien so etwas wie ein Festtag. Bereits Tage zuvor wurde die Waschküche im Keller ordentlich gereinigt und aufgeräumt.  Am Tage vor der Schlachtung wurde Fleischbeschauer bestellt, der die Lebendbeschau vornahm.  Schlachttiere dürfen nämlich keine Krankheiten haben.

Am Schlachttag ging es dann hoch her. Früh aufstehen musste ins besonders unsere Mutter. Der Kessel musste angeheizt werden. Am Schlachttage benötigte man viel heißes Wasser. Viele Helfer wurden gebraucht, so war es selbstverständlich, dass Verwandtschaft und Nachbarschaft geholfen haben. Hier müssen besonders „Onkel“ Heinrich und Tante „Gertrud“ Schmidt genannt werden.  

Der Hausmetzger, meistens waren es keine gelernten Metzger, sondern hatten sich das Handwerk selbst beigebracht. Sie waren in den allermeisten Fällen Maurer von Beruf. Da es im Winter im Baugewerbe fast nichts zu tun gab, konnten Sie auf diese Weise ihr Einkommen sichern.

An ein Hinterbein des Schweines wurde ein Strick gebunden. Dann trieb man es aus dem Stall und mit einem Bolzenschussgerät wurde das Tier betäubt, und es folgte ein Stich in die Halsschlagader, damit das Schwein ausbluten konnte. Das Blut für die Blutwurst wurde in einer Metallschüssel gerührt, bis es abgekühlt war, sonst wurde es dick und flockig.

Das Tier wurde dann gebrüht, deshalb das viele heiße Wasser, enthaart und auf einer Leiter, zum Spalten aufgehängt. Das Schwein wurde dann an der Bauchseite aufgeschnitten und als erstes wurden Magen und Därme entfernt.  Die Därme mussten dann sorgfältig gereinigt werden und wurden dann später gefüllt Ein Dickdarm-Teil wird für den Schwartenmagen bzw. für die „Ahle Worscht“ verwendet. 

Nach dem Spalten wurde  der Fleischbeschauer zur Beschau gerufen. Er überprüfte, ob das Tier frei von Krankheiten und Seuchen war,   das Fleisch wurde dann mit runden Stempeln als  „gesund“  gestempelt und durfte erst dann verarbeitet werden.

Aus dieser Zeit kommt auch der Spruch :  “Wenn die Sau am Haken hängt, wird erst mal einer eingeschenkt“ . Ein Schlückchen Branntwein war wohl hauptsächlich zum Aufwärmen in der kalten Jahreszeit gerne willkommen.

Meistens haben wir das als Kinder gar nichts mitbekommen, da wir ja in die Schule mussten. Als wir mittags nach Hause kamen war die „dreckige“ Arbeit erledigt.            

Das Schwein wurde zerlegt, alles, was für das Mittagessen bestimmt war,   wurde in den Kessel zum Kochen gegeben.   Die Teile, die der Metzger für die Leber – und Blutwurst brauchte, wurden ebenfalls gekocht. Dann ging es an das Wurstmachen. Besonders wichtig die Masse für die  „Ahle Worscht“ , diese musste warm verarbeitet werden. Zwei Stunden, nachdem die Sau ihr Leben gelassen hat, ist ihr Fleisch immer noch leicht warm, Optimale Voraussetzungen für die Herstellung der „Ahlen Worscht“

Die Leber – und Blutwurst wurde zuerst fertig, die gab es dann auch zum Mittagessen, zusammen mit Sauerkraut, Wurstsuppe,  Kartoffeln und Brot. Dabei wurde auch viel Hochprozentiges getrunken.

Nach dem Essen wurde die Fleischportionen, wie etwa Braten, Schinken, die Koteletts, Gulaschfleisch hergerichtet.. Den Rest verarbeitete der Metzger für Presskopf, Bratwürstchen, je nach dem, was die Familie eben wünschte. Vieles wurde auch in Dosen eingemacht.

Während dieser Zeit wurden die benutzten Gerätschaften ausgiebig gereinigt. Die Geräte des Hausschlachters konnten jetzt für die nächste Hausschlachtung abgeholt zu werden. Hier mussten wir Kinder helfen.

Dann wurde zu Abend gegessen. Helfer und Nachbarschaft lassen es sich gut gehen. Wir Kinder mussten häufig „Wurstebrühe“ zu den Nachbarn bringen.

Am Tage nach der Schlachtung wurden dann die  Schinken und die Speckstücke eingesalzen, die nach einigen Wochen Reifezeit geräuchert wurden. Diese Schinkenstücke wurden dann an einem sicheren Ort aufgehängt.

Warum nur bis 1964 geschlachtet. Es hat einen einfachen Hintergrund. Das Elternhaus wurde 1949/50 gebaut. Damals noch ohne Zentralheizung. Nur einzelne Öfen heizten im Winter einzelne Räume. Ich kann mich gut erinnern, dass ich an dem Fenster in meinem Zimmer sehr häufig Eisblumen hatte. Eine dicke Decke und warme Steine im Bett waren normal.

Dann gab es endlich die Zentralheizung. Im November 1964 war geschlachtet worden, als man im März 1965 eine „Ahle Worscht“ anschneiden wollte, kam das böse Erwachen. Die Wurst war innen hohl und grau geworden. Bedingt durch die Heizung war es überall im Haus zu warm geworden und die Wurst trocknete zu schnell.

Auch bei Irmtraud in Großenritte wurde nur bis 1966 geschlachtet. Als man in das neue Haus in die Heinrichstraße zog, mit Zentralheizung, hörte auch hier die Hausschlachtung auf.